Neue Regelungen für die Fleischindustrie können nur der Anfang sein

Die tierschutzpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Susanne Mittag, äußert sich anlässlich der aktuellen Corona-Fälle in Schlachtbetrieben in ihrem Betreuungswahlkreis im Landkreis Oldenburg:

„Die neuesten Corona-Fälle bei Wiesenhof bestätigen, dass der Virus unter den Arbeits- und Lebensbedingungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Schlachtbranche besonders gute Bedingungen zur Ausbreitung vorfindet. In großen Unternehmen ist auch der Kreis der potentiell Betroffenen naturgemäß besonders groß. Bei solchen Ereignissen geraten dennoch zurecht die Umstände in den Fokus, die die SPD schon seit vielen Jahren anprangert und die „Dank“ des Virusausbruchs nun für eine breite Mehrheit sichtbar werden. Auch wenn sich die Schlachtunternehmen ungerecht behandelt fühlen, weil das Verbot von Werksverträgen bisher nur für ihre Branche geplant wird – obwohl diese Verträge auch in anderen Wirtschaftsbereichen üblich sind – so ist es aus SPD-Sicht auch nur ein erster Etappensieg. CDU/CSU und Bundesministerin Julia Klöckner scheinen endlich bereit zu sein, sich der SPD anzuschließen und einem Verbot von Werkverträgen  in der gesamten Fleischindustrie zustimmen zu wollen. Erklärtes sozialdemokratisches Ziel bleibt es aber, Werkverträge generell zu verbieten. Das allein garantiert jedoch auch noch keine guten Arbeitsbedingungen in der Schlachtindustrie. Deshalb werden wir jetzt auch gesetzlich regeln, dass die Überwachungsquote durch die Arbeitsschutzbehörden deutlich erhöht wird und die Unternehmen für die Bedingungen der Unterbringung ihrer Mitarbeiter in Verantwortung genommen werden. Außerdem werden wir verpflichtend eine digitale Arbeitszeiterfassung einführen und den Bußgeldrahmen des Arbeitszeitgesetzes auf 30.000 Euro verdoppeln. In der vergangenen Sitzungswoche haben wir bereits das Arbeitnehmer-Entsendegesetz entsprechend der neuen EU-Richtlinie angepasst. Damit schützen wir entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer besser vor Betrug und Ausbeutung und sorgen für eine EU-weite Gleichbehandlung der Arbeitgeber.

Ein grundlegendes Problem in der Fleischindustrie ist jedoch auch die Konzentration der Tierhaltung und der Schlachtung in Ballungszentren. Das führt in der Tierproduktion zu großen Güllemengen und Nährstoffeinträgen in den betroffenen Regionen. Gleichzeitig sorgt die hohe Bestandsdichte für eine größere Anfälligkeit bei der Ausbreitung von Seuchen, wie z.B. der Afrikanischen Schweinpest. Die SPD fordert daher schon lange eine flächengebundene Tierhaltung von maximal 2 Großvieheinheiten je Hektar. Auch Schlacht- und Verarbeitungskapazitäten haben sich in den letzten Jahren stark konzentriert. Damit sind auch diese Großunternehmen bzw. ihre Mitarbeiter im Falle einer Krankheitsentwicklung wie bei Corona in größerem Ausmaße betroffen. Eine Ausbreitung vollzieht sich schneller – eine Eindämmung wird schwieriger. Daher muss der Aufbau flächendeckend, moderner und tierartgerechter Schlachtstrukturen unterstützt werden. Durch regionale Strukturen würden sich auch die Tiertransportzeiten verkürzen. Die SPD setzt sich dafür ein, Inlandstransporte auf vier Stunden zu begrenzen. Zur Überprüfung des Tierschutzes und damit auch indirekt des Arbeitsschutzes, spreche ich mich übrigens schon länger für eine verpflichtende Videoüberwachung in Schlachtbetrieben aus.“